Der Trauer einen Ort geben
Gedenkstätte für nicht bestattetes menschliches Leben auf dem Michaelsberg
Die Gedenkstätte für nicht bestattetes menschliches Leben auf dem Friedhof des Michaelsbergs wurde von Sieger Köder, Maler und Pfarrer, geschaffen. Sie möchte Erinnerungsort sein für Kinder, aber auch Erwachsene, die nirgends bestattet worden sind, weil sie vor ihrer Geburt starben oder Opfer von Unfällen oder Naturkatastrophen wurden. Besonders will sie für Eltern bzw. Frauen, die ein Kind verloren haben, ein Ort zum Trauern sein. Auch für all jene, die ihr Kind – aus welchen Gründen auch immer – abgetrieben haben.
Die Gedenkstätte ist auf Initiative von Diakon Willi Forstner und Pfarrer Hermann Rupp – Seelsorgeeinheit Zabergäu – entstanden. Der Künstler und Pfarrer Sieger Köder aus Ellwangen hat zusammen mit den „Krippelesfrauen“ aus Rosenberg das Modell der Skulptur geschaffen.
Das Denkmal zeigt ein leeres Grab, an dem ein Elternpaar um sein Schmetterlingskind trauert. Eltern von Schmetterlingskindern haben oft keinen Ort, an dem sie den Verlust ihres ungeborenen Kindes betrauern und Abschied nehmen können. Sie haben keinen Ort, an dem sie spüren, dass ihr Schmetterlingskind Teil ihres Lebens bleibt. Die Gedenkstätte auf dem Michaelsberg möchte diesen Leerraum füllen und lädt Trauernde ein, hier ihrer Verstorbenen zu gedenken.
Abschied nehmen
Der Verlust eines Schmetterlingskindes geschieht oft im Verborgenen. Ohne Beerdigung bleibt die Trauer ungesehen. Dann fehlen Orte und Zeiten aber auch Rituale und Mitmenschen, die das Abschied nehmen und Trauern erleichtern. Das Denkmal auf dem Michaelsberg schafft dafür Platz: Ihre Trauer darf hier sichtbar sein. All Ihre Gefühle dürfen da sein. Hier oben können Sie sich Zeit nehmen für Ihre Fragen:
- Verweilen Sie vor der Skulptur – nehmen Sie Ihre Gedanken und Gefühle wahr.
- Erinnern Sie sich an Ihr Kind. Wenn Sie gemeinsam da sind, erzählen Sie einander davon.
- Wenn Sie mögen sprechen sie ein Gebet.
- Legen Sie eine Blume, eine Erinnerung, einen Brief in das leere Grab.
- Besuchen Sie die nebenstehende Kirche St. Michael und entzünden eine Kerze oder formulieren eine Bitte.
- Machen Sie einen Spaziergang um den Michaelsberg und schöpfen in der Natur neue Kraft.
Gesprächsangebot
Wenn sich Ihre Gedanken im Kreis drehen,
wenn Sie das Gefühl haben, sich niemandem anvertrauen zu dürfen,
wenn Sie sich fragen, was Gott sich dabei eigentlich gedacht hat,
wenn Ihre Traurigkeit und Wut zu groß werden,
wenn Sie denken, es täte Ihnen gut,
hören wir Ihnen zu!
Kontakt zum PastoralteamDie Skulptur
Die Bronzefigur zeigt Mutter und Vater, die an einem kleinen Grab trauern, das offen und leer ist, weil ihr Kind darin nicht liegt, weil manche Menschen meinen, es sei noch gar kein Mensch gewesen. Tief gebeugt kniet das trauernde Paar vor dem Grab. Das offene Grab ist wie eine offene Wunde, die nicht richtig heilen will. Ihre ausgestreckten, leeren Hände zeigen ihren Verlust. In diesen leeren Händen kommen die ganze Verzweiflung und Ohnmacht zum Ausdruck. Es sind unbeholfene, fast klobige Hände, die nichts mehr „machen“ können, die nach Hilfe schreien. Liebevoll umarmt der Mann seine Frau, will Halt geben und sucht selbst nach Halt. Während die Frau geradezu mit ausgeweinten Augen in das Grab hineinstiert, dreht der Mann seinen Kopf ein wenig zur Seite, als könne er den Blick des leeren Grabes nicht mehr aushalten, die Not, die ihm aus dem Grab entgegenschreit.
Ihre Gesichter sind keine „schönen“ Gesichter. Ihre leeren und ausgeweinten Augen tragen ihren Schmerz und ihre Traurigkeit nach außen. Sie spiegelt wieder, wie es dem trauernden Menschen innerlich zumute ist. Sie zeigen das, was wir im Alltag nicht sehen bzw. auch nicht sehen möchten: die vom Schmerz zerrissene Innenseite des betroffenen Menschen. Und es ist ein unvorstellbarer Schmerz, den Eltern erleiden, wenn sie ihrem Kind ins Grab schauen müssen bzw. wenn sie ein Kind verloren haben, das nicht bestattet werden konnte.
Es wird für viele, die vor diesem Kindergrab sitzen, noch lange dauern, bis sie ihren Blick einmal über das Grab erheben können, um auf das Kreuz zu schauen, aus dem eine Rose erwächst. Ein kleines Zeichen keimender Hoffnung. Ein zartes Zeichen bleibender Liebe.
Ort
Gedenkstätte für nichtbestattetes menschliches Leben
Michaelsberg 1
74389 Cleebronn
Gebete
Du warst ein Kind der Hoffnung.
Unsere Liebe umhüllte dich,
unsere Fantasie schmückte dein Leben aus.
Du warst ein Kind der Freude.
Wie eine Blüte ging unser Herz auf,
denn wir erwarteten dich voll Sehnsucht.
Du warst ein Kind des Lebens.
Wir wollten Leben weitergeben
und uns selbst beschenken lassen.
Du bleibst unser Kind.
Doch du bist ein Kind der Sehnsucht,
das zu einem Kind der Trauer wurde.
Du hast sie nicht gesehen den Sonnenglanz und die Mondsichel.
Du hast nicht in unsere leuchtenden Augen geschaut.
Nun aber siehst du das Licht,
das strahlende, wärmende Licht der Liebe Gottes,
wo viele Wohnungen sind.
Du bist gesegnet,
du Kind der Hoffnung,
der Freude und des Lebens.
Und mit dir ist gesegnet unsere Trauer um dich,
du Kind bei Gott.
Dein Herz es schlug in mir.
Dein Name klang bereits
in meinen Ohren.
Deine Zukunft
ich sah sie vor meinen Augen.
Doch jetzt
schweigt dein Herz
verstummt dein Leben –
einfach so.
Nie wird sein,
was wir erträumten.
Statt dir ist es leer in mir.
Ist es still um mich.
Du warst so nah
und bist so fern.
Wo noch einmal
deine Nähe spüren?
Claudia Weiler
Mit freundlicher Genehmigung © Hanna Strack